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artionale | Vita

Styx

Konzert für Stimmen, Streichquintett, Orgel und elektronische Zuspielung (Uraufführung)
Sonntag, 9.10., 19 Uhr, Erlöserkirche, Ungererstraße 13

In der griechischen Mythologie ist Styx ein Fluss, der die Welt der Lebenden vom Totenreich Hades trennt. Der Fährmann Charon setzt die Verstorbenen über. Auch die christliche Liturgie des Totengedenkens benützt drastische Bilder, um die Schrecken des Todes und die Strafen der Hölle zu beschreiben. Neben dem lodernden Feuer finden sich im Requiem auch Andeutungen auf
die Gewässer in der Tiefe der Unterwelt.

Mein Stück Styx macht sich nun diesen Umstand zunutze und erzählt parallel zum Requiemstext die Geschichte des göttlichen Sängers Orpheus. Als dessen geliebte Frau Eurydike viel zu früh stirbt, steigt er in die Unterwelt hinab, wo es ihm gelingt, durch einen Pakt seine Gattin wiederzubekommen: Er darf sich auf dem Rückweg nicht zu ihr umdrehen. Sein Scheitern besteht jedoch darin, dass er genau dies tut und damit Eurydike dem Tod ausliefert.

Styx bedient sich u. a. der Tetrachorde der altgriechischen Tonarten. Da das Thema ja die Grenze zwischen Leben und Tod ist, die mehrfach überschritten wird, verwendet das Stück die vier Basenpaare des menschlichen Erbgutes zur Strukturierung des Tonmaterials und als Symbol des biologischen Lebens. Die zunehmende Entfremdung Orpheus’ vom menschlichen Leben wird durch ständige (technische) Verfremdung des Tonvorrates dokumentiert.

Die verwendeten Texte spannen eine Brücke über die Jahrtausende: vom lateinischen Dichter Vergil über Abschnitte des Requiems (Ende des 1. Jahrtausends) bis hin zu Rainer Maria Rilke. Neben Sopran- und Baritonsolisten wirken vier Singstimmen, Streichquartett und Orgel mit, verschiedene Geräusche und Samples erklingen durch Zuspielung vom Band.
(Michael Grill)