Die artionale findet im Jahr 2019 zum siebten Mal statt. Das große Presseecho auf die vergangenen Veranstaltungen gab den Impuls, die artionale zum sich wiederholenden Kunstereignis zu machen. Alle drei Jahre, im Wechsel mit der Cantionale, gibt die evangelische Kirche der Neuen Musik und der zeitgenössischen Bildenden Kunst Raum. Ein Ort wird geschaffen, an dem Kirche, Theologie und persönlicher Glaube mit heutiger Kunst in den Dialog eintreten können. Streitpunkte und Missverständnisse sind dabei nicht ausgeschlossen.
artionale ist so ein Event der Begegnung, auch zwischen Stadtgesellschaft und Kirche, zwischen Bürgerinnen und Bürgern Münchens und dem kirchlichen Leben mit seinen sozialen und spirituellen Aufgaben. Es ist ein hörbarer, sichtbarer evangelischer Akzent im kulturellen Leben Münchens, an dem hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso beteiligt sind wie Ehrenamtliche und freiwillig Engagierte. Die Kirche am Ort wird in Beziehung gesetzt zu universalen kulturellen Lebenszusammenhängen; Erfahrungen aus Religion und an bzw. mit Kunst regen zur Reflexion und zum Gespräch an. Innovativ an der artionale ist die Kooperation von Kunst, Musik und Gemeinde als Einheit.
In über 40 Veranstaltungen nehmen die Künste aufeinander Bezug, positionieren sich Bilder und Installationen zum Raum und antworten Besucherinnen und Besucher und haupt- und ehrenamtliche der Gemeinde und Kirchenmitglieder im Gespräch darauf. An der artionale konnten sich alle interessierten Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen beteiligen.
Die artionale 1998 zeigte Gemälde und Installationen. Unter dem Titel raum.bruch stellte die artionale 2001 vor allem Großskulpturen aus. Die artionale 2004 schließlich setzte sich mit dem Thema Unschärfe auseinander und zeigte Werke zeitgenössischer Fotografie. Die artionale 2007 stand unter dem Motto leer stelle. 2011 war das Thema dazwischen. 2014 wurden Fotografien, Video- und Rauminstallationen für den Kirchenraum unter dem Thema ... was Du nicht siehst ausgestellt. Kurator von 1998 bis 2014 war Klaus von Gaffron, der Vorsitzende des Berufsverbandes Bildender Künstler in Bayern.
Kuratorin für die artionale 2019 ist Benita Meißner, Geschäftsführerin und Kuratorin der Galerie der „Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst“. Sie wählte vor allem junge Künstlerinnen und Künstlern aus, die sich mit dem Thema Resonanzen auseinandersetzen und Raum- und Videoinstallationen, Fotographien oder eine Performance dazu entwickeln. Die Programme des musikalischen Bereichs gestalten profilierte Kirchenmusiker unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Michael Grill.
Das Thema der artionale 2019: Resonanzen
„Große Kunst erzeugt Resonanzen im bewussten Leben“ (D. Henrich). Resonanzen als Antworten, Reaktionen oder Reflexe eines Lebens, das sich seiner selbst bewusst ist. Sie können in Stimmungen, Gefühlen, Vorstellungen oder auch Gedanken präsent werden. Alle ästhetischen Erfahrungen sind Resonanzerfahrungen, die vor allem auch durch Kunst verursacht werden.
Die artionale 2019, die wieder Gegenwartskunst und Gegenwartsmusik im sakralen Raum zeigt bzw. erklingen lässt, lädt unter dem Titel „Resonanzen“ zu solchen ästhetischen Erkundungen ein. Es sind diese Resonanzerfahrungen, die unser bewusstes Leben bereichern und vertiefen, ja die geradezu etwas zur Lebendigkeit dieses Lebens beitragen. Dass Kunst bei der artionale im Sakralraum erlebt wird, öffnet diese Erkundungen zu einer Begegnung mit einer weiteren, nicht minder spannenden Erfahrungswelt, nämlich zur Begegnung mit religiösen Erfahrungen.
In Vernissagen, Gottesdiensten, Konzerten und vielen weiteren Veranstaltungen ist der Austausch zwischen beiden Welten des bewussten Lebens möglich: eben zwischen ästhetischen und religiösen Erfahrungen. Sind nicht beide letztlich Erlebnisse von Resonanzen? Was trennt sie, wie unterscheiden sie sich und wo spielen sie möglicherweise sogar ineinander?
Gerson Raabe